Touren in Österreich

Predigtstuhl (2116m) – Schüle-Diem / Haslacher-Behringer

02.11.2019

Herbstkletterträume #2

Nass-kalt war’s an diesem spätherbstlichen Morgen. Mit nem XXL-Schnitzel und diversen Halben im Magen hatten wir nach der Totenkirchl-Westwand-Durchsteigung in Simons Bus auf dem Parkplatz der Griesner-Alm gepennt. Die Scheiben waren von innen beschlagen, um uns herum nix als Nebel. Da will man eigentlich gar nicht aufstehen. Aber wenn man eh schon wach ist und Simon so dermaßen nervt, kann man ja zumindest schon mal so tun als wäre man halbwegs motiviert gleich die nächste Wand hochzukraxeln.

Also raus aus dem Schlafsack – Müsli reinwürgen – rein in die feuchten Klettersachen – Rucksack überwerfen und auf zur nächsten Pause-Tour direkt über uns.

Schlaftrunken wieder den Wanderweg Richtung Stripsenjoch hoch. Bald links in die „Steinerne Rinne“. Dort noch immer im Halbschlaf in leichter Kletterei an der beeindruckenden Fleischbank vorbei weiter aufwärts, bis unter die von unten gut sichtbaren Verschneidungssysteme des linksseitigen Predigtstuhls. Allerspätestens im IIIer-Zustiegsgelände durch den Wandfuß mit Trailrunning-Schuhen an den Füßen sollte man dann aber langsam wach sein.

Im Zustieg unterhalb der Fleischbank
Fleischbank Silhouette mit Blick in die Route „Des Kaisers neue Kleider, UIAA 10+
Verschneidung #1 unter halb des linken Turms, dann rein in die Schlucht zw. beiden Türmen, Verschneidung #2 inmitten des rechten Turms

Die Route geht durch den kompakten Teil der Wand und verbindet mit zwei kurzen Quergängen die markanten Verschneidungen zweier Kaiser-Klassiker zu einer langen, eleganten, konstant schwierigen Linie. Nach zwei Aufwärm-Längen geht es in der ersten Bilderbuch-Verschneidung gleich zur Sache: Steil, Super-kompakter Fels, kaum Haken und ein eher glatter Riss den man klettern können muss. Ab und an geht ein Handklemmer oder man stopft besser gleich den ganzen Arm und Fuß rein. Extremitäten-Klemmer. Stopfen und Spreizen im Wechsel. Sieht nicht immer elegant aus, aber macht trotzdem Laune. Vor allem wenn man hin und wieder doch einen rauen Griff in der Hand hat.

Am Stand nach der ersten SL
Blick in die schweren SL 2 – 4
In der 4. SL. Hier geht es rechts aus der Verschneidung raus

Unter dem großen Dach muss man rechtzeitig den Blinker nach rechts setzen und auf Seilreibung achten. Es geht ums Eck um den Pfeiler herum, nach einer Hangelschuppe sogar abkletternd zum Stand. Heikel auch für den Nachsteiger. An der strukturarmen Platte hängt deshalb eine Schlinge, die allerdings ihre besten Jahre schon lange hinter sich hat. Für uns waren die Abwärtsmeter der Querung zum Stand die Crux.

Quergang – hier noch einfach

Danach deutlich leichter geradeaus durch den Kamin bis dieser sich zu einer Schlucht aufweitet. Nun in brüchigem Gelände auf der rechten Seite die einfache Wand hoch und erneut nach rechts queren in die Haslacher-Behringer, genau unterhalb der zweiten großen Verschneidung.

Es muss nun noch einmal in die Hände gespuckt werden. Zwei Seillängen bis in den oberen sechsten Grad. Das Grande Finale ist die zweite Bilderbuchverschneidung. Auch wieder senkrecht, super-kompakt, strukturarm und spärlich abgesichert – aber für Simon ein Klacks.

Die letzten steilen Meter

Insgesamt eine ganz feine Kletterei entlang einer logischen Linie in bestem Fels.

Summit!!! Gute Laune bei bestem Kaiserwetter

Kurz drauf freuen wir uns über die zweite Gipfelparty am zweiten Tag. Und Fabi, der noch unten bei der Griesner-Alm in seinem Bus pennt freut’s auch – denn er hat gestern hier oben am Gipfel durch einen Hänger beim Abseilen eins seiner Zwillingsseile opfern müssen. Wie blöd ein Seil beim Abziehen hängen bleiben kann sieht man hier:

Dank der top eingerichteten Abseilpiste sind wir im Anschluss nicht nur schnell oben, sondern noch schneller wieder unten.

Im Botzongkamin
Von der Fleischbank gegenüber locken bereits die nächsten Ziele

Steckbrief Predigtstuhl – Schüle-Diem / Haslacher-Behringer

  • Schwierigkeit: VI+ (VI- / A0) mehrmals, überwiegend VI, stellenweise leichter
  • Absicherung: E3 – Stände sind eingerichtet, dazwischen wenige Bohrhaken und einige Schlaghaken
  • Hoch / runter: 1100hm (Griesneralm bis Gipfel), 260m Kletterei auf 9SL
  • Übernachtungsmöglichkeit: Griesneralm oder Stripsenjochhaus (Saisonschluss beachten). Wenn geschlossen (so wie bei uns) bietet sich eine Parkplatzübernachtung bei der Griesneralm an

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.