Touren in Ecuador

Illiniza Sur (5245m), NW-Flanke

27.05.2015 – 28.05.2015

Climb & Surf in Ecuador

Kaum ein Land in Südamerika bietet ein dermaßen breites Spektrum an Landschaften, von Pazifikküste über Hochanden bis in den Dschungel hinein, wie Ecuador – und dann auch noch auf engstem Raum. Ein kontinentales Best-of quasi.

In Quito angekommen rennen Thomas und ich gleich am zweiten Tag japsend über den Normalweg auf den felsigen Hausberg Rucu Pichincha – immerhin fast so hoch wie der Mont Blanc. Dass Akklimatisation funktioniert erleben wir gleich am Tag drauf. Wieder auf den gleichen Berg – nur klettern wir dieses Mal ohne Schnappatmung seilfrei über den Südostgrat. Lässige Kletterei an gutem Vulkangestein (max. III):

Gipfel Rucu Pichincha. Rechts vom Finger zieht der Südostgrat runter
Oberer, flacherer Teil vom Grat
Am Gipfel
Summit!
Im Abstieg

Danach sind wir bereit für unser Hauptziel: den Südgipfel des erloschenen Doppelvulkans Illiniza:

Illiniza Sur vom Norte aus fotografiert: Unser Anstieg – die Normal-Route. Quelle: summitpost.org

Wird der eisfreie Illiniza Norte regelmäßig von Trekkern bestiegen geht es am Sur deutlich ruhiger zu. Schroff, unzugänglich, steil und mit zerrissenen Hängegletschern bewaffnet wird dieser Gipfel nur selten von Bergsteigern heimgesucht. Wir hatten uns bereits vor der Anreise dazu entschieden wegen der komplexen Topografie auf diesen 5000er ausnahmsweise einen Guide zu engagieren.

Hat dann vor Ort im Bergsteigerbüro auch einige Telefonate erfordert, um überhaupt jemanden zu finden der diesen Berg kennt.

Unser Mann hieß Fausto!

Shuttle von Quito zum Fuß des Illinizas
Startpunkt auf knapp 4000m
Wolken schwappen vom Pazifik rüber
Ankunft am Refugio Nuevos Horizontes
Schon etwas gammelig und heruntergekommen – aber für eine Nacht voll ok
Flo mit Freundin. Die beiden Wiener haben wir lustigerweise schon am Rucu Pichincha kennengelernt und nun wieder getroffen. Sie steigen am nächsten Morgen auf den Norte

Das Wetter war die ganzen Tage über schon ein Hund. Am ganz frühen Morgen klingelt der Wecker. Blitze zucken am Horizont. Hier am Äquator ist immer irgendwo ein Gewitter unterwegs. Ich bin schon etwas in Sorge – aber Kapitän Fausto meint auf meine Frage hin wie denn das Bergwetter heute wohl werden wird nur lachend: „Magnificent“.

Noch auf dem Weg zum Einstiegs-Gully fängt es stark an zu schneien – läuft. Wir ziehen unsere Steigeisen an und Klettern ohne Probleme die Steilrinne hoch zum Gletscher. Immer stärker schneit es nun. Fausto hat längstens erkannt, dass er hier keine Amateure am Seil hat. „Normalerweise würde ich jetzt bei den Bedingungen abbrechen – aber wenn wir wollen gehen wir weiter“ – meint er bloß. Wir wollen natürlich. Und weil Fausto auch so richtig Bock hat, umgehen wir nicht die Eisbrüche, sondern klettern einfach mitten durch. Eisklettern auf 5000m. Auch ne coole Erfahrung.

Hier geht’s hoch. Meint zumindest Fausto – und der muss es ja wissen, weil sehen tun wir nix!
Am unteren Hängegletscher angekommen
Hier geht’s weiter….
…ah ne…doch hier….

So schrauben wir uns Steilstufe um Steilstufe mit steilem Gehgelände dazwischen immer weiter hoch bis es plötzlich nicht mehr weiter geht. Und wenn es nicht mehr weiter geht – steht man in der Regel auf dem Gipfel.

Was gibt es nicht für tolle 360°-Panorama-Aufnahmen von diesem Gipfel. Direkt ggü. steht mit dem Cotopaxi einer der formschönsten, höchsten, vergletscherten und aktiven Vulkane. In der Ferne grüßt der mehr als 6200m hohe Chimborazo und im Norden funkelt die Millionenmetropole und höchstgelegene Hauptstadt der Welt – Quito.

Unsere Aussicht am Gipfel dann so:

Aber egal – die Freude ist trotzdem riesengroß.

Es schneit nun so massiv, dass die abgestellten Rucksäcke binnen 2-3 Gipfelbilder zugeschneit sind. Arktisexpedition mitten am Äquator.

Gleich zu Beginn des Abstieges kommen uns noch ein ecuadorianischer Bergführer mit Anwärter entgegen. Gemeinsam springen, stapfen, rutschen und klettern wir zurück zum eingeschneiten Refugio.

Gegenverkehr am Illiniza Sur
Die 2 ecuadorianischen Bergsteiger schließen auf
Der Anwärter legt noch eine Rutschpartie hin
Zurück an der Einstiegs-Steilrinne

Im Refugio angekommen treffen wir den zitternden Lars. Eigentlich wollte er auf den nun zugeschneiten Norte – trägt aber anstelle von Bergstiefeln bloß Sneakers, hat weder Essen noch Trinken dabei (wir spendieren beides), seine Hardshelljacke ist ein Plastiksack und warme Oberbekleidung ist auch nonexistent. Dafür hat er ein übelst ausschauendes Geschwür am Hals, welches er untersuchen lassen wollte und Augenringe, als hätte er 2 Wochen LAN-Party gefeiert. WTF?

Das ist Lars

Lars hat trotz aller widrigen Umstände gute Laune, schließt sich uns an im Abstieg (gute Idee) und darf dann sogar noch mit uns mitfahren zurück in die Zivilisation – was ihn ansonsten sicher einen ganzen Tagesmarsch gekostet hätte.

Wir haben nun jedenfalls genug vom Schnee – lassen uns an der Panamericana absetzen, steigen in den Bus, fahren in Richtung Amazonas runter nach Banos in den Sommer und haun uns noch am gleichen Tag mit Badehose in die Thermalquellen.

Am Bahnhof von Aloasi
Vormittags Eiswüste – nachmittags Tropen
Ratten am Spieß geben Kraft

Da ist sie wieder – die Abwechslung eines ganzen Kontinentes an einem Tag 😉

Fazit der Tour: Magnificent!

Steckbrief Illiniza Sur, NW-Flanke:

  • Schwierigkeit: AD+ (bis 70°)
  • Absicherung: Pickets & Eisschrauben notwendig
  • Hoch / runter: 1300hm insgesamt. Zustieg 800hm, Refugio – Gipfel 500hm
  • Übernachtung: Refugio Nuevos Horizontes (4740m)

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