05.08.2020
Die wohl Bequemste unter den Himmelsleitern
Nach dieser Tour wird sich garantiert jeder Genusskletterer alle fünf Finger abschlecken können. Nimmt man die museumsreife Eiergondel am Sellapass hoch zur Toni-Demetz-Hütte, beträgt der Zustieg zum Start der Daumenkante satte fünf Minuten. Dann geht der Spaß auch schon los. Antje, Thomas und ich wollen die Fünffingerspitze via Daumenkante überschreiten.
Die Tour wird in Ralf Gantzhorns Himmelsleiter-Führer angepriesen als eine der schönsten Gratklettereien der Dolomiten.
Inmitten des urzeitlich-gigantischen Korallenstocks Langkofel teilt sich der Weg zum Gipfel auf in drei Teile: zunächst entlang der luftigen Daumenkante rauf auf diesen, abseilend wieder hinunter in die Scharte zum Zeigefinger. Ab der Scharte dem Normalweg folgend rauf auf den Zeigefinger. Diesen im obersten Teil links umgehend rein in die Schlucht zwischen Zeige- und Mittelfinger. Durch ein Felsenfenster, welches man sogar vom Pass aus sehen kann, hoch auf den Mittelfinger.
Heute sind wir faul und zahlungswillig. Tausche Geld gegen Knieschonung. Hauptsache wir sind rechtzeitig für die Pizza um 18 Uhr wieder zurück auf der Seiser-Alm. Im Vorbeischweben springt man hintereinander in die urigen Mini-Stehgondeln. Zwei schlanke Personen passen eben so rein.
Sehr beliebt sind Gondel & Refugio auch bei den Wanderern, als Ausgangspunkt für die Langkofeldurchschreitung und Umrundung des Massivs. Dementsprechend viel los ist auch oben in der Langkofelscharte. Der Wanderweg gleicht einem Ameisentrail. Wir biegen gleich hinter der Hütte links ab und stehen kurz darauf vor dem Start-Wandl:
Die Daumenkante an sich ist schon eine lohnende Tour mit der freistehenden Gipfelnadel als Krönung. Wir aber wollen Nachschlag und den Hauptgipfel. Also auf der gegenüberliegenden Daumenseite (Abseilstände) in die Scharte abseilen:
Ab hier übernimmt Thomas die Führung und ich schieße noch mehr Bilder als ohnehin schon:
Wir plaudern hier kurz mit dem netten Bergführer, der uns von der Überschreitung aufgrund des wenig attraktiven Abstiegsweges und losen Gesteins abrät. Stattdessen empfielt er den Normalweg mit den eingerichteten Abseilständen als Alternative für’s Runterkommen. Wir haben ähnliches bereits in Foren gelesen und halten uns daher an die Empfehlung des Bergführers. Zunächst geht’s aber erst einmal weiter hinauf:
Und dann ist es geschafft! Auf 2996m geht es nicht mehr weiter nach oben. Wer hier 3000er-Luft schnuppern will muss akrobatisch sein.
Für irgendwelche Schulterstand-Aktionen haben wir aber nicht die Zeit, weil unten die Pizza ruft. Wir rasten kurz, genießen die phantastische Rundumsicht und sehen zu, dass wir die letzte Gondel noch erwischen. Der Abstieg beginnt unweit des Gipfels an einem Abseilring. Immer im Wechsel – abseilend, abkletternd, absteigend – geht es über den Normalweg rasch abwärts:
Steckbrief Fünffingerspitze via Daumenkante
- Schwierigkeit: IV (mehrere Stellen an Daumenkante), ansonsten oftmals III+ oder leichter am Normalweg
- Absicherung: Vereinzelt Bohrhaken an den steilen Passagen + Ständen. Dazwischen einige NH und Eigeninitiative gefragt. Abseilstellen gut eingerichtet
- Hoch / runter: Aus Gondel raus und losklettern, 300hm Differenz bis Gipfel, Kletterlänge ca. 400m
- Übernachtungsmöglichkeit: Toni Demetz Hütte auf 2685m