23.08.2019
Furkagulasch, Kristalle und Kraxeln im Granit-Wonderland
Hoch oben am Furkapass, an den Rändern des riesigen Gletscherbeckens, eingerahmt von den Furkahörnern, dem Galenstock und den Bielenhörnern, kann man drei Dingen besonders gut nachgehen: Quarzkristalle suchen, durchs Moränengelände stolpern und vor allem wahnsinnig gut klettern am bombastischen Furka-Granit!
Weil Antje und ich am Abend vor der Anreise das Leben zu hart mit Rotwein gefeiert hatten, beschränkten wir uns am Ankunftstag mit mäßigem Erfolg erst einmal auf’s Stolpern und Strahlen (schweiz.: Kristalle suchen). Hungrig zurück am Caddy stellte sich zu allem Überfluss dann auch noch heraus, dass wir vergessen hatten, die Pasta einzupacken. Not macht ja bekanntlich erfinderisch und so wurde an diesem Abend das Furkagulasch erfunden: Ein – wie wir finden – Meilenstein der schweizer Gourmetküche!
Zutaten: Alles, was eben so da ist! Tomatensauce von Mutti (alle anderen Marken kannst vergessen), Chorizo-Wurst (kleingeschnitten), grüne Oliven, Cashew-Nüsse und dazu geschenktes, trockenes Restbrot vom netten Camp-Nachbarn. Fantastisch!
Eigentlich war ja eine so lange Kletterei, die der ESE-Grat aufs Große Horn ja durchaus darstellt, gar nicht wirklich geplant. Aber nach der Furkagulasch-Kanone und dem Anblick des markanten Gipfels, mit seiner hübschen Abschlussnadel, konnte sich Antje doch noch motivieren. Gleich am nächsten Morgen ging’s los!
Erst in Richtung Sidelenhütte, dann am Gletscherfluss hinter der Brücke links abbiegen, dem Furkahorn entgegen:
Der Weg durch das blockige Moränengelände zur Südostseite des Berges ist etwas mühsam, aber der Einstieg auf ca. 2860m direkt rechts vom markanten ESE-Grat findet man dank des ausgetrampelten Pfades und der Steinmännchen recht gut. Am Anfang der ersten Seillänge, einer steilen Verschneidung, blitzt der erste Bohrhaken als Zeichen dafür, dass man richtig ist. Ich entscheide spontan, in meinen Bergschuhen zu klettern und hefte mich an die Fersen der netten Schweizer Seilschaft vor uns.
An die Kletterei in Bergstiefeln am stellenweise plattigen Granit muss man sich erst einmal gewöhnen. Unten links im folgenden Bild sieht man die Einstiegsverschneidung. Danach geht’s direkt auf den Grat.
Zwischen phasenweise herrlich ausgesetzter, immer griffiger und abwechslungsreicher Kraxelei kann die ein oder andere SL auch durchaus am laufenden Seil im I-IIer-Gelände begangen werden.
Im unteren Bild: Antje an Messers Schneide… der für den Vorsteiger aufgrund des Hakenabstandes, wie ich fand, anspruchsvollsten Stelle der Tour:
Im Anschluss gilt es, vor dem „roten Turm“ die südseitige Rampe (Umgehung) nicht zu verpassen. Wir haben’s auch gleich mal vereiert, konnten aber vom Turm aus abseilen, runter in die besagte Rampe. Danach führt der Weg wieder nach rechts auf den Grat:
Kurzer Rundumblick:
Unterhalb der Gipfelnadel, dem Finale der Tour, haben wir die Schweizer Seilschaft wieder eingeholt. Hier muss im Grad V- noch einmal zugepackt werden. Schaut steil aus, ist es auch, hat aber super Griffe und Tritte und macht mega Laune!
Antje, die auch hier keine Probleme hat, noch einmal nachsichern…
… und schon stehen, oder besser gesagt hängen wir an der Gipfelnadel:
Die Gipfelrast kann man jedenfalls vergessen hier oben. Kein Platz und selbst der gebohrte Hänge-Stand reißt dir fast die Eingeweide heraus. Deshalb kurz die Aussicht genießen und in die südseitige Scharte abseilen:
Im Abstieg lohnt es sich gleich doppelt, die Augen aufzuhalten. Zum einen wegen der vielen Kristalle, für die hier oben vermutlich die wenigsten Bergsteiger noch die Zeit haben. Zum anderen wegen des Geländes. Hat man kein Doppelseil dabei, sollte man sich links halten, um zur 20m-Abseilpiste zu gelangen. Insgesamt ist der Weg gut ausgetrampelt. Als Hilfestellung hier die nachgezeichnete Tour:
- rot = Aufstieg (inkl. Abseilen nach unserem Verhauer rechts im Bild vor „rotem Turm“)
- grün = Abstieg mit zweimaligem Abseilen (15m an Gipfelnadel und 20m weiter unten)
- gelb = Abseilstelle
Beim Abklettern und durchs Blockgelände zurück ist nochmal volle Konzentration gefordert. Da hilft auf jeden Fall der rettende Gedanke an Bier und Pizza im Tal. Unsere Empfehlung: Ristorante „La Curva“ in Andermatt. Danach ist man pleite, aber trotzdem glücklich und kann während einer weiteren Nacht im Blechhotel Caddy**** eine wunderschöne Gratklettertour revue passieren lassen.
Unsere Fundstücke im Abstieg:
Steckbrief Groß Furkahorn, ESE-Grat:
- Schwierigkeit: V- (in Bergschuhen nach meinem Empfinden deutlich schwieriger an den Platten)
- Absicherung: gut (Stände gebohrt, viele Zwischenhaken vorhanden, mit Friends & Co. kann nachgeholfen werden)
- Hoch / runter: 430hm Zustieg ab Furkapass (Einstieg auf ca. 2860m), 12 SL Gratkletterei / 750hm zurück zum Furkapass
- Übernachtungsmöglichkeiten: Sidelenhütte (bewirtet) oder im Blechhotel auf dem Parkplatz am Furkapass 😉