Touren in Deutschland

Rubihorn (1957m), Klassische Nordwand (Variante)

13.02.2022

Die Eisen waren schon lange gewetzt, Freddies neue Icetools und Thomas‘ neue Skitouren-Carbonstiefel warteten auf ihre Entjungferung.

Zwar waren die Verhältnisse, so wie die meiste Zeit in der Saison 22/23, nicht ideal – viel loser Schnee, kaum Eis – dafür unsere Motivation für eine lässige Mixed-Tour umso größer.

Das Rubihorn – ultimativer Kommerzberg mit mittlerweile Touren in allen Könnensstufen. Umso schwerer je weiter links in der Wand die Routenwahl hinfällt. Einer der ersten richtigen Berge, wenn man aus Süddeutschland anreist, mit einer zünftigen Nordwand ausgestattet, die allerdings nur im Winter, bei Minusgraden, zusammenhält und im Sommer vor sich hin bröselt. Bekannt als Graspolsterkletterparadies und liebevoll als kleine Eiger-Nordwand tituliert, hat das Rubihörnchen schon so manchen kletterstarken Mixed-Neulling auf übelste Art und Weise abgeworfen.

Weil wir zu dritt waren und Freddie Premiere in derartigem Gelände feierte, entschieden wir uns für die Klassische Nordwand. Kennen Thomas und ich zwar bereits – aber dieser Allgäu-Klassiker ist immer wieder ein netter Saisonauftakt für die kalte Jahreszeit bzw. ein prima Testballon für größere Ziele.

Rubihorn Nordwand
Die Gaisalpfälle in guter Verfassung

Recht flott sind wir im Zustieg oben am langen Schuttkegel, unterhalb der Wand und wundern uns noch, wie wenig an diesem Tag los ist. Eine einzige, gemischte Seilschaft treffen wir am Einstieg an.

Das Mädel hat im Nachstieg bereits in den ersten Metern Anpassungsschwierigkeiten. Immerhin startet die insgesamt überschaubar schwere Klassische Nordwand gleich mit M4 – Kaltstart mit kleinem Überhang und anschließend zugeschneiten Platten. Kurz darauf verabschiedet sich das Duo nach links in die Carpe Diem – na dann viel Spass – bei den Verhältnissen definitiv kein Genuss, so ganz ohne Firnauflage.

Thomas übernimmt die ersten Längen, Freddie am Seilende kommt top zurecht, die Petzl Quark beißen. Ich übernehme vor der zweiten Crux-Länge. Dort ist eine kurze, senkrechte Passage zu überwinden. Schmatzend rauscht die Haue ins Graspolster – hält fast besser als im Styroporfirn.

Am Einstieg um 10:30 Uhr

Beim Standplatzbau muss nach Neuschnee hier und da gut improvisiert werden – es sei denn man weiß noch ungefähr, wo die zugeschneiten Krüppelkiefern begraben liegen und legt eine Schlinge drumherum.

Der Triebschnee hat im oberen Steilhang alle Spuren verwischt, ich komm mir vor wie eine Wühlmaus.

In der Diagonalrampe nach links zum Wandbuch sind die Verhältnisse dann wieder etwas besser.

Standplatzparty am Wandbuch

Im Anschluss öffnet sich das Gelände, der Schnee wird tiefer, die Wühlerei geht weiter. Eigentlich muss nun markant nach links gequert werden, durch einen 45°-steilen Kessel in den oberen Wandteil. So ganz geheuer ist mir die Triebschneelage nicht, auch weil der tief verschneite Steilhang nicht wirklich absicherbar ist.

Weil wir eh schon die ganze Zeit am Wühlen sind, biege ich spontan in die „Wühlmaus“ ab – eine steilere Variante der Klassischen Nordwand. Aber auch hier ist vor der ersten Steilstufe Schluss – so ganz ohne Eis im brüchigen Fels – gibt Schöneres.

Premium Standplatz

Also nächstes Ausweichmanöver. Flucht nach rechts. Erst über eine kurze Verschneidung, Stand an Latschenkiefern, danach geradeaus hoch. Übelste Schinderei über zugeschneite Büsche hinweg oder gleich mittendurch, immer wieder durch den losen Tiefschnee einbrechend – dafür sicher.

Blick nach links zum eigentlichen Ausstiegsweg der klassischen Nordwand. Eine Spur ist noch schwach erkennbar, aber größtenteils unter reichlich Triebschnee begraben. Ganz oben ist das Gipfelkreuz erkennbar.

Die Nordwand verlassen wir an ihrem äußersten, rechten Rand und treten ein ins grelle Sonnenlicht dieses wunderbaren Wintertages.

Blöderweise kommen wir nun natürlich nicht direkt am Gipfel raus, sondern ein ganzes Stück entfernt westlich davon. Durch Tannen, Büsche, Schneewechten und über kleine Wandstufen hinweg wurschteln wir uns den wenig ausgeprägten Grat hinauf. Um 16:00 Uhr erreichen wir in Begleitung von unzähligen Paraglidern in der Luft den Gipfel.

Obere Bildmitte: unser Ausstiegsnebengipfel
Winterwonderland @ Oberstdorf

Im Abstieg macht sich bei Thomas nun endlich das Ski-Geschleppe bezahlt. Während Freddie und ich mühsam den Hang hinunter trotten, legt er ein paar Schwünge in den Hang und ist in Nullkommanix unten.

Rubihorn Nordwand im Abstieg. Oben rechts – unser Ausstiegsnebengipfel

Steckbrief Rubihorn, Klassische Nordwand:

  • Schwierigkeit: M4 max. (oft M2-M3), 45°
  • Absicherung: An einigen neuralgischen Stellen Schlag + ab und an Bohrhaken, ansonsten viel Eigeninitiative gefragt, tw. an Latschenkiefern
  • Hoch/runter: 700hm Zustieg, ca. 400m Klettern in der Wand

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